Kein Mountainbike-Angebot ist keine Lösung
Wie gute Zusammenarbeit funktioniert und welche Früchte sie trägt, mit Blick auf Bewegungsförderung und aktiven Naturschutz, zeigt eindrucksvoll das Beispiel Handmade Mountainbike Trails in der Region am Schmausenbuck bei Nürnberg.
Was sich daraus lernen lässt für andere Projekte, Regionen und Städte, erläutert Sonja Schreiter von der Deutschen Initiative Mountainbike e. V. (DIMB). Die DIMB bietet allen Interessierten Unterstützung und möchte sie ermutigen und befähigen, so etwas auch bei sich anzustreben.
Was sich daraus lernen lässt für andere Projekte, Regionen und Städte, erläutert Sonja Schreiter von der Deutschen Initiative Mountainbike e. V. (DIMB). Die DIMB bietet allen Interessierten Unterstützung und möchte sie ermutigen und befähigen, so etwas auch bei sich anzustreben.
Best Practice
Das Beispiel «Handmade Mountainbike Trails in der Region am Schmausenbuck bei Nürnberg»
Interview mit Sonja Schreiter von der Deutschen Initiative Mountainbike e. V. (DIMB)
Interview mit Sonja Schreiter von der Deutschen Initiative Mountainbike e. V. (DIMB)
Frau Schreiter, in der bayerischen Metropolregion Nürnberg ist es der Deutschen Initiative Mountainbike zusammen mit hohem ehrenamtlichem Einsatz der Beteiligten vor Ort gelungen, ein umfangreiches Trailnetz aufzubauen. Warum ist das Projekt überregional wichtig und was macht es besonders?
«Das Einrichten von Mountainbike-Angeboten in der unmittelbaren Nähe von Städten ist essentiell, weil es hier einen besonders großen Bedarf nach Bewegung und Nähe zur Natur gibt. Gerade das Mountainbiken nimmt hierbei für Menschen aller Altersgruppen eine wichtige Rolle ein und zieht zum Beispiel auch immer mehr Familien an. Umso wichtiger ist deshalb der Erfolg des Mountainbike-Projekts in der Region Nürnberg, den viele engagierte Menschen und Institutionen in kooperativer Zusammenarbeit möglich gemacht haben. Das ist besonders und das hat aus unserer Sicht Vorbild- und Modellcharakter für andere Regionen.»
Ein Motto der DIMB lautet „More Trails close to Home”. Was ist damit gemeint?
«Generell wissen wir um den allgemein zunehmenden Bewegungsmangel und seine gesundheitlichen Folgen. Neben den Voraussetzungen vor Ort und dem Einrichten eines wald- und umweltfreundlichen attraktiven Mountainbike Trail-Angebots von Mountainbikern für Mountainbiker, mit dem wirklich alle angesprochen werden, ist unserer Erfahrung nach zudem die Nähe zum Wohnort und eine gute Erreichbarkeit wichtig, ohne auf das Auto als Zubringer angewiesen zu sein. So wird das umweltfreundliche Angebot für die breite Bevölkerung attraktiv.»
Wie schaut der Bedarf vor Ort aus und was waren die zentralen Herausforderungen bei der Einrichtung des Mountainbike-Angebots?
«Kurz zur Einordnung: Nürnberg ist mit 540.000 Einwohner*innen die zweitgrößte Stadt in Bayern Zudem haben wir hier einen Ballungsraum mit 810.000 Einwohner*innen – in der gesamten Metropolregion leben rund 1,4 Millionen Menschen. Direkt an die Stadt grenzt im Südosten ein großes Waldgebiet an. Hier im sogenannten Reichswald, der sich im Besitz der Bayerischen Staatsforsten befindet, haben wir ein wertvolles Flora-Fauna-Habitat und Natura 2000-Gebiet mit geschützten Arten. Die zentrale Herausforderung war also bei der Schaffung des Trailnetzes einen Interessenausgleich zwischen Erholungsnutzung und Naturschutz zu erreichen, ohne dass die Attraktivität des Angebots darunter leidet.»
Das Beispiel Schmausenbuck ist in so vielen Aspekten wegweisend – echte Best Practice!Mountainbike-Trails mitten in einem geschützten Waldgebiet – das klingt angesichts der Vorurteile und Diskussionen, die es vielerorts gibt, eigentlich fast undurchführbar.Sonja Schreiter | DIMB
«Es ist wunderbar zu sehen, wie es gelungen ist, die Herausforderungen mit Sachverstand, großartigem Engagement von allen Seiten, vielen Gesprächen und festen Vereinbarungen und Verträgen, die die rechtlichen Rahmenbedingungen regeln, zu überwinden. Aus unserer Sicht ist das Projekt in Nürnberg in vielerlei Hinsicht wegweisend. Unser Ziel ist es, die positiven Erfahrungen und Ergebnisse, die wir hier in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, vor allem den Bayerischen Staatsforsten als Besitzer, gesammelt und erzielt haben, weiterzugeben und Interessierte in anderen Regionen zu inspirieren und praktische Hilfestellung zu geben.»
Wie haben sich die Gespräche mit Naturschützern und den Bayerischen Staatsforsten konkret entwickelt?
«Durch die gute Vorbereitung der Mountainbike-Community vor Ort konnten wir schnell Vorurteile abbauen, Vertrauen aufbauen und uns mit konkreten Lösungen und Angeboten einbringen, die auch den aktiven Naturschutz in den Blick nahmen. Damit sind wir auf offene Ohren und viel Zustimmung gestoßen. Unter dem Motto «Kein Mountainbike-Angebot ist keine Lösung!» ging es darum, den Bedarf zu lenken und die Voraussetzungen für ein Angebot zu schaffen, das den Natur- und Waldschutz entsprechend berücksichtigt und gleichzeitig so gut angenommen wird, dass unerwünschte Nutzungen und wilder Trailbau kein Thema mehr sind.»
Vielfach gibt es ja Vorurteile von Waldbesitzern und Medien gegen Mountainbiker. Wie sind eure Erfahrungen?
«Die allermeisten Mountainbiker*innen, die mittlerweile aus allen Altersklassen kommen, darunter viele Familien und erfreulicherweise auch immer mehr Frauen, sind unserer Erfahrung nach sehr naturverbunden und zudem auch hoch motiviert, Flora und Fauna nicht nur zu schützen, sondern auch selbst einen aktiven Beitrag zum Erhalt der Natur dafür zu leisten.»
Welchen Beitrag leisten die Mountainbiker*innen in Schmausenbuck zum Naturschutz?
«Bei allen Aktivitäten vor Ort werden die Belange des Naturschutzes mitgedacht und berücksichtigt. Sowohl bei der Einrichtung der Trails als auch bei der umsichtigen Nutzung des Waldes. In der Interessengemeinschaft sind rund 400 Mitglieder engagiert, die sich unter Berücksichtigung des Naturschutzes schwerpunktmäßig um die Einrichtung und Pflege der Mountainbike-Strecken mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden für alle Interessierten kümmern, Techniktrainings, geführte Touren und Workshops anbieten und Gespräche mit anderen Interessengruppen führen. Darüber hinaus beteiligt sich die Interessengemeinschaft in Absprache zum Beispiel auch ehrenamtlich an Baumpflanzaktionen der Bayerischen Staatsforsten. Gemeinsam schaffen sie dabei an einem Tag ein Pensum, für das sonst geschätzt zwei Monate Arbeit durch die Staatsforste nötig wären.»
Was sind zentrale Learnings aus dem Projekt?
«Die wichtigste Erkenntnis und Botschaft ist aus unserer Sicht, dass es hervorragend gelingen kann, den Bedarf der Menschen nach Bewegung in der Natur – und damit sind nicht nur Mountainbiker, sondern alle Menschen gemeint – mit dem Naturschutz in Einklang zu bringen. Erholungsnutzung und Naturschutz sind keine Gegensätze. Mehr noch: Es ist ein tolles Beispiel dafür, wie sich Menschen vor Ort mit ihrer Zeit und ihren Kräften für dieses Ziel einsetzen. Dieses ehrenamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern brauchen wir und die Kommunen sollten es dringend fördern.»
Welche Rolle übernimmt hier die DIMB? Können Interessierte einfach auf euch zukommen?
«Sehr gerne! Unser Ziel ist es, hier andere zu ermutigen und zu befähigen, so etwas auch bei sich anzustreben. Die DIMB wurde ja bereits vor über 30 Jahren gegründet. In dieser Zeit haben wir enorm viel Know-how aufgebaut und Erfahrung gesammelt, die wir selbstverständlich sehr gerne weitergeben. Wir sehen einen großen Bedarf in der Nähe von Ballungsgebieten und würden uns sehr freuen, gemeinsam mit lokalen Verantwortlichen flächendeckend attraktive Angebote zu schaffen. Wir freuen uns sehr, wenn Interessierte auf uns zukommen, egal mit welchem Hintergrund!»
Danke, Frau Schreiter, für das Gespräch, und weiterhin viel Erfolg mit Ihrer Arbeit!
Trailnetz Schmausenbuck bei Nürnberg
Das Trailnetz Schmausenbuck umfasst heute ein Angebot auf fast 25 Kilometer Strecke mit einem Unterschied von 500 Höhenmetern. Es gibt 14 ausgeschilderte MTB-Strecken in sechs Abschnitten, die durch Forststraßen und schmale, natürliche Wege verbunden sind. Es wird auf attraktive MTB- Möglichkeiten für alle Wert gelegt, das heißt unter anderem, dass es alle Arten von Hindernissen, aber auch Ausweichmöglichkeiten für weniger versierte Mountainbiker:innen gibt. Alle Trails sind handgefertigt, ohne den Einsatz schwerer Baumaschinen. Zwischen der DIMB und den Bayerischen Staatsforsten gibt es einen Vertrag über rechtliche Rahmenbedingungen und erlaubte Maßnahmen.
Deutsche Initiative Mountainbike e. V. (DIMB)
Die Deutsche Initiative Mountainbike e.V. (DIMB) wurde 1991 von Mountainbiker:innen, Händlern und Herstellern als gemeinnütziger Verein zur Interessenvertretung der Mountainbiker:innen in Deutschland gegründet. Das Ziel des Verbands ist, den umweltverträglichen Mountainbike-Sport auf allen Ebenen zu fördern und dem Mountainbiken eine Stimme zu geben, egal ob Tour, Cross-Country, Dirt, Downhill, Enduro oder Freeride.
Zu den Aufgaben des Vereins gehört die Interessenvertretung mit Lobbyarbeit in den Bundes- und Landesparlamenten sowie in Gremien und Verbänden. Zudem kümmert sich die DIMB um die qualifizierte Bike-Guide- und -Fahrtechniktrainer-Ausbildung sowie die kompetente Beratung beim MTB-Streckenbau und natürlich den gemeinsamen Bike-Spaß in Interessengemeinschaften vor Ort.
Bildnachweise:
(Sonja Schreiter) Bike Nature Movement (BNM) | Deckbar Photographie
(Fotos Trailnetz Schmausenbuck) Deutsche Initiative Mountainbike e. V. (DIMB)
Zu den Aufgaben des Vereins gehört die Interessenvertretung mit Lobbyarbeit in den Bundes- und Landesparlamenten sowie in Gremien und Verbänden. Zudem kümmert sich die DIMB um die qualifizierte Bike-Guide- und -Fahrtechniktrainer-Ausbildung sowie die kompetente Beratung beim MTB-Streckenbau und natürlich den gemeinsamen Bike-Spaß in Interessengemeinschaften vor Ort.
Bildnachweise:
(Sonja Schreiter) Bike Nature Movement (BNM) | Deckbar Photographie
(Fotos Trailnetz Schmausenbuck) Deutsche Initiative Mountainbike e. V. (DIMB)