Fahrradwirtschaft und ADFC fordern von künftiger Bundesregierung: Konsequente Umsetzung der Verkehrswende, zentrale Rolle für das Fahrrad!

Berlin – Die Verbände der Fahrradwirtschaft und der ADFC fordern für das Fahrrad eine konsequente Umsetzung der Verkehrswende in der nächsten Legislaturperiode. Basierend auf drei Grundannahmen machen der Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF), der Verbund Service und Fahrrad (VSF) und der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC) auf die Dringlichkeit einer fahrradfreundlichen Verkehrs- und Klimawende aufmerksam:

  • Das Fahrrad ist ein erschwingliches, zuverlässiges, sauberes, gesundheitsförderndes und stauvermeidendes Verkehrsmittel. Die Fahrradwirtschaft ist ein dynamisch wachsendes Marktsegment mit entsprechender Wertschöpfung.
  • Das Fahrrad hat sich in der Pandemie als verlässlicher Alltagsbegleiter flächendeckend bewährt. Der Anstieg der Fahrradnutzung, der Fahrradverkäufe und die Zunahme an Arbeitsplätzen in der Fahrradbranche belegen die positive Dynamik und die Veränderung im Bewusstsein der Bevölkerung. Durch das E-Fahrrad wird sich diese positive Entwicklung in den nächsten Jahren konsequent verstetigen, zumal größere Distanzen im Pendlerverkehr nicht mehr alternativlos sein werden.
  • Das Fahrrad und seine Nutzer*innen brauchen umso mehr eine sichere, leistungs- und bedarfsgerechte Infrastruktur und eine Politik, die dem Fahrrad den gerechten Stellenwert beimisst. So brauchen Städte und Gemeinden sichere, lückenlose Netze aus Radwegen, bestehend vor allen Dingen aus «Protected Bike Lanes», die physisch vom Autoverkehr getrennt sind, sowie gut gestalteten Fahrradstraßen und Radschnellwege. Denn Verkehrssicherheit ist eine zentrale Entscheidungsgröße für die Nutzung des Fahrrads. Das Fahrrad braucht verbindliche Zielsetzungen und konkrete Umsetzungsmaßnahmen, initiiert und gefördert durch den Bund.
1. Verkehrspolitische Forderungen
Wir fordern konkrete Zielsetzungen und Maßnahmen der Bundesregierung, damit sich der Radverkehrsanteil am Modal-Split bis 2025 auf 20% und bis 2030 auf 30% erhöht! Dies ist ein entscheidender Hebel für die Verkehrswende und zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehrssektor. Der Bund ist aufgefordert, die entsprechenden rechtlichen, finanziellen, personellen und organisatorischen Ressourcen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Dafür braucht es einen Aktionsplan zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans mit konkreten Maßnahmen und messbaren Zielen.

  • Ein neues Straßenverkehrsgesetz Leitgedanke der Schaffung eines sicheren und fehlerverzeihenden Mobilitätssystems muss die Vision Zero sein und damit eine explizite Abkehr von der bisher dominierenden Stellung des fließenden KFZ-Verkehrs und der reinen Gefahrenabwehr. Das der StVO übergeordnete Straßenverkehrsgesetz (StVG) muss daher völlig neu aufgesetzt werden. Es ist einseitig auf die Bedürfnisse des Kfz-Verkehrs ausgerichtet und verhindert lebenswerte Städte und Gemeinden. Im Straßenverkehrsgesetz müssen u. a. die Vision Zero sowie Klima-, Umweltschutz- und Gesundheitsziele verankert werden.
  • Eine Reform der StVO und der Regelwerke Gleichzeitig müssen die StVO und die Verwaltungsvorschrift angepasst werden – und beispielsweise jeglicher Begründungszwang für die Einrichtung von Radverkehrsanlagen wegfallen und Tempo 30 innerorts als Regelgeschwindigkeit eingeführt werden. Richtlinien und Regelwerke, wie die «Empfehlungen für Radverkehrsanlagen» (ERA), müssen ebenfalls angepasst werden.
  • Handlungsspielräume für Kommunen Eine Reform des StVG impliziert auch eine Ausrichtung an den Erfordernissen einer nachhaltigen Stadt- und Siedlungspolitik. In der Folge führt dies zu einer Erweiterung der Handlungsspielräume für Kommunen, insbesondere bei der Flächenumverteilung, der Anordnung von Fahrradinfrastrukturen, den Fahr- und Geschwindigkeitsbegrenzungen sowie der Parkraumbewirtschaftung.
  • Planungssicherheit bei der Finanzierung für Kommunen und Bundesländer Der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Die bisherige Förder- und Finanzierungssystematik führt nicht zum Ziel, eine gesetzliche Regelfinanzierung im Bundeshaushalt ist notwendig. Der Bund muss daher verbindlich bis 2030 umfangreiche Mittel für den Radverkehr zur Verfügung stellen. Zudem erhöht eine langfristig orientierte und integrale Förderpolitik des Bundes gegenüber Ländern und Kommunen die dringend erforderliche Planungssicherheit.
  • Verkehrswende auch im ländlichen Raum mitdenken Die Verkehrswende darf nicht am Stadtrand aufhören. Bei der strukturellen Förderung der Radinfrastruktur sind alle Motive des Radfahrens wie Alltagsmobilität, Naherholung und Tourismus zu berücksichtigen. Beim prognostizierten Wachstum der Radnutzung sind in naturnahen Räumen sichere, nachhaltig gebaute Wege mit natürlicher Oberfläche zu fördern, die Flächenversiegelung verhindern und Bio-Diversität begünstigen, z. B. durch die Nutzung von landwirtschaftlichen Wegen für den Radverkehr
2. Wirtschaftspolitische Forderungen pro Fahrrad
Wir fordern ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zum Fahrrad, eine Abkehr von der auto-zentrierten Förder- und Wirtschaftspolitik sowie eine deutliche Stärkung des Fahrradstandortes Deutschland! Im Detail bedeutet das:

  • Eine Förderung der Nutzung nachhaltiger Mobilitätsformen und damit implizit eine Besserstellung des Umweltverbundes durch eine Umstiegsprämie, die den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsträger gezielt fördert.
  • Eine Wirtschaftspolitik, die dem Wirtschaftsfaktor Fahrrad gebührend Rechnung trägt (knapp 300.000 Beschäftigte, stetig wachsende Wertschöpfung).
  • Eine Unterstützung beim gezielten Aufbau von Produktionskapazitäten und sicheren Lieferketten-strukturen in Deutschland/EU.
  • Eine flächendeckende Öffnung des Tarifvertrages Öffentlicher Dienst Bund für das Dienstradleasing, sowie eine Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes, um auch Bundesbediensteten die Nutzung von Dienstfahrrädern zu ermöglichen. Der Bund hat hierbei eine Vorbildfunktion im Sinne eines nachhaltigen Mobilitätsmanagements.
  • Den Einstieg in eine gerechte E-Mobilitätsförderung, u.a. durch die Ausweitung und Verstetigung der Bundesförderprogramme für Schwerlasträder auf Cargobikes für die private Nutzung und den Leasing-Bereich. Dabei sollten auch Fahrradanhänger, als umweltfreundliche Form des Personen- und Gütertransports in Förderprogrammen, berücksichtigt werden.
  • Den Ausbau der digitalen Infrastruktur als wesentliche Rahmenbedingung für einen attraktiven Wirtschaftsstandort. Die digitale Vernetzung bietet auch für den Verkehrsträger Fahrrad ein großes Potenzial. Hierzu gehört auch der Aufbau der Infrastruktur für «Mobility as a Service» und einer nutzerorientierten Konnektivität, einschließlich Fahrradverleihsystemen.
  • Die Erhöhung der Attraktivität des Berufsfeldes „Fahrrad» durch gezielte Informationskampagnen und gemeinsame Initiativen. Maßnahmen gegen Fachkräftemangel müssen auch dem wachsenden Wirtschaftssegment Fahrrad Rechnung tragen.
  • Wasilis von Rauch, Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF e.V.)
  • Uwe Wöll, Verbund Service und Fahrrad (VSF e.V.)
  • Burkhard Stork, Zweirad-Industrie-Verband (ZIV e.V.)
  • Ralf Puslat, Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club (ADFC e.V.)
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